Risikounterlegung nach Basel bei der Unternehmensfinanzierung: eine Kostenfrage

Sehr geehrte Geschäftspartner! Liebe Kunden!

Für Independent Capital ist ein von zahlreichen spannenden Transaktionen geprägtes erfolgreiches Jahr zu Ende gegangen. Wir begrüßen Sie daher herzlich im Neuen Jahr und dürfen Ihnen zum Jahresauftakt unseren aktuellen Newsletter übermitteln.
Im Jahr 2015 wurden im Bankensektor und auch am Kapitalmarkt regulatorische Veränderungen beobachtet, die nicht nur die Rahmenbedingungen und somit den Spielraum für Finanzierungen österreichischer Unternehmen zusehends komplexer gestalten, sondern aufgrund ihrer Vielzahl auch letztlich für Kreditnehmer und Emittenten am Kapitalmarkt intransparenter werden. Im neuen Jahr werden Banken zusehends mit weiteren strengeren Eigenmittelerfordernissen, der Diskussion zu höheren Risikogewichten sowie den Änderungen bezüglich Immobilienfinanzierung konfrontiert werden, welches sich letztendlich in der Konditionengestaltung für solche Finanzierungen widerspiegeln wird.
Mit diesen spannenden Themen haben wir uns im aktuellen Newsletter befasst. Wir zeigen Ihnen, welche Änderungen derzeit in der Bankenaufsicht bezüglich Unternehmens- bzw. Immobilienfinanzierungen diskutiert werden, welche Bedeutung diesen in der derzeitigen Bankenlandschaft zukommt und welche Konsequenzen das für Kreditnehmer hat.

Risikounterlegung nach Basel bei der Unternehmensfinanzierung: eine Kostenfrage

Spätestens seit der letzten Finanzkrise im Jahr 2007 sind sowohl Banken als auch nationale Aufsichtsbehörden merk-bar sensibler im Umgang mit dem Thema Risiko geworden. Die Ergebnisse aus diesen Überlegungen und den Erfordernissen, höherer Risikovorsorgen im Einklang mit erhöhter Transparenz, flossen zuletzt in die Basel III-Bestimmungen bzw. im Europäischen Raum in die Capital Requirements Regulation (CRR) ein, die am 1. Jänner 2014 in Kraft traten.
Die Quantifizierung sowie ausreichende Risikodeckung unter gleichzeitiger Minimierung der Komplexität und Erhöhung der Vergleichbarkeit der Risikomessmethoden beschäftigt den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht nach wie vor und hat unmittelbaren Einfluss auf das Kreditvergabeverhalten der Banken. Im jüngst erschienen zweiten Konsultationsdokument vom Dezember 2015 wurde vordergründig ver-sucht, im Standardansatz der Risikobewertung für Banken eine Balance zwischen Simplizität, Risikosensitivität und Vergleichbarkeit zu schaffen und gleichzeitig die Kostenstrukturen der Banken nicht weiter zu belasten.
Erfahrungsgemäß werden solche Konsultationsdokumente, vorbehaltlich etwaiger Kommentare aus der Kreditwirt-schaft, in die neuen Basel IV-Bestimmungen, welche voraus-sichtlich Ende 2018 in Kraft treten werden, einfließen. Kritisch ist jedoch jener Umstand, dass es aufgrund der vorgeschriebenen differenzierten Ansätze und Methoden der Banken, unterschiedliche Größen und Geschäftsmodelle risikotechnisch adäquat abzubilden, für Unternehmen zusehends schwieriger wird, die Wirkungsweise dieser Regel-werke zu verstehen und die Auswirkungen auf das Kreditvergabeverhalten der eigenen Hausbank zu antizipieren.

Wirkungsweisen der Risikomechanismen

Grundsätzlich können Banken zwischen zwei verschiedenen Methodologien für die Errechnung ihrer risikobasierten Eigenmittelerfordernisse wählen: dem Internal Ratings-Based (IRB)- oder dem Standardansatz. Erstgenannter er-möglicht es Banken, eigene interne Ratingsysteme zu verwenden, wobei diese explizit durch die Bankaufsicht genehmigt werden müssen. Die zweitgenannte Methodologie schreibt, sofern regulatorisch zulässig, die Verwendung eines externen Ratings zur präliminiären Einschätzung des zugrunde liegende Risikos vor. Beide Methoden münden in die Eigenmittelerfordernisse und werden so zum Kostenfaktor „Kapitalunterlegung“. Da sich jedoch in der Vergangenheit eine zusehends größer werdende und mechanistische Ab-hängigkeit von externen Ratings beobachten ließ, wurde ein differenzierter Ansatz diskutiert, welche die Unterlegungserfordernisse für Unternehmensfinanzierungen anhand der Risikoparameter ‚Umsatz‘ und ‚Verschuldung‘ misst, um so eine Vereinfachung und ein leichteres Verständnis des Risikomodells und eine hinreichende Vergleichbarkeit der Risi-ken herbeizuführen. Da dies aufgrund der mangelnden Granularität der Kreditvergabe nach Branchen und Unternehmensgrößen nicht zielführend war, wurde im jüngst erschienen zweiten Konsultationspapier des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht vom Dezember 2015 eine zusätzliche, eingehende Due-Diligence-Prüfung durch das Risikomanagement empfohlen, die das zugrundeliegende Risikoprofil durch implementierte interne Prozesse und Systeme messen sollte und die damit jederzeit die angemessenen Risikogewichte überprüfen kann.

Risikogewichte für Unternehmensfinanzierungen

Bei Unternehmensfinanzierungen sind Banken regulatorisch zwingend angehalten, Finanzierungen in „allgemeine“ oder „spezielle“ Kategorien einzuteilen sowie bei Vorliegen externer Ratings, diese für die Risikobewertung einzubeziehen. Grundsätzlich erhalten geratete Finanzierungen von AAA bis AA- (das entspricht nach S&P Mapping einer einjährigen Ausfallswahrscheinlichkeit von bis zu 0,04%) ein Risikoge-wicht von 20 %, A- bis BBB- von 50% und bei nicht gerateten Finanzierungen 100%. Liegt kein externes Rating vor, so gilt für KMUs in der Corporate Klasse ein Risikogewicht von 85%, in der Retail Klasse nach wie vor von 75%. Bei den sogenannten „speziellen“ Finanzierungen wie beispielsweise Projekt-, Objekt- oder Handelswarenfinanzierungen, werden spürbar höhere Eigenkapitalerfordernisse vorgeschlagen. So wird derzeit für Projektfinanzierungen ein Risikogewicht von 150% in der voroperationellen Phase diskutiert, bei Objekt- bzw. Handelswarenfinanzierungen ein Risikogewicht von 120%.

Risikogewichte für Immobilienfinanzierungen

Gewerbliche Immobilienfinanzierungen werden im Regelfall in Wohnbau und gewerblich genutzte Immobilien, wie Einkaufszentren oder Bürogebäude, kategorisiert. Im Zuge des aktuellen Konsultationsdokuments wurden zwei Subkategorien für spezielle Finanzierungen in der Immobiliensparte, eine davon für Finanzierungen für Developmentprojekte, eingeführt. Risikogewichte werden unter anderem anhand der Loan-to-Value (LTV)-Ratio, der Debt-Service-Coverage-Ratio und der Analyse, ob die Rückzahlung materiell abhängig oder unabhängig von den aus der Immobilie generierten Cashflows ist, bestimmt. Je höher die Abhängigkeit, desto höher muss das anzuwendenden Risikogewicht sein. Während bei hypothekarisch besicherten privaten Wohnimmobilienfinanzierungen die starre 35%ige Risikogewichtung bei vorgegebenen LTV-Ratios noch verfeinert wird, ist dies bei gewerblich genutzten Immobilien grundsätzlich davon ab-hängig, ob die Rückzahlung vom Cashflow abhängig oder nicht abhängig ist. Ist die Rückzahlung nicht vom Cashflow abhängig, gilt bis zu einem LTV von 60% ein Risikogewicht von 60% (oder das Risiko der Gegenpartei). Ist eine Abhängigkeit vom Cashflow gegeben, gilt ein höheres Risikogewicht. Für Grundstücksfinanzierungen bzw. Developmentfinanzierungen gilt ein Risikogewicht von 150%. Zu beachten ist, dass bei hypothekarisch besicherten Finanzierungen ein begünstigtes Risikogewicht nur dann herangezogen werden kann, wenn u.a. die Immobilie bereits fertiggestellt wurde. Darüber hinaus müssen zusätzliche bestimmte Kriterien im Zusammenhang mit der Rückzahlungsfähigkeit der Verbindlichkeit gegeben sein. So wird beispielsweise die Qualität der zugrundeliegenden Sicherheit (Schätzwert), der Besicherungsstatus (Rang im Grundbuch, rechtliche Durchsetzbarkeit) sowie eine hinreichende Dokumentation evaluiert.
Seitens der Bank müssen all diese Faktoren in einer hinreichenden Return on Equity (ROE)-Ratio münden, um die Profitabilität von deren Geschäftsmodell sicherzustellen. Bei einer angenommenen ROE-Ratio von 10% und einer angestrebten Eigenmittelquote von 12% ergibt sich ein Kalkulationsfaktor von 120 Basispunkten für die Bank. Es würde daher eine angenommene Erhöhung des Risikogewichts von 50% auf 100% oder von 100% auf 150% zu einer Erhöhung der Mindestmarge, nur im Eigenkapitalelement, von jeweils 60 Basispunkten bedeuten, die in Folge von den Kunden bezahlt werden muss. Bereits an diesem einfachen Beispiel zeigt sich die Sensitivität des Kostenfaktors „Kapitalunterlegung“ bei den angedachten regulatorischen Veränderungen.

Leistung von Independent Capital

Independent Capital verfolgt aufgrund der Querschnittsfunktion im Markt regelmäßig die nationalen und internationalen Diskussionen in Bezug auf Regularien und Gesetzgebung sowohl für Banken als auch institutionelle Investoren. Mit diesem Know-how antizipiert Independent Capital die kapitalmarktspezifischen Kernthemen, die auf Kapitalgeber in näherer Zukunft zukommen werden, und kann so die Finanzierungsvorhaben seiner Kunden, von österreichischen Unternehmen bis hin zu Gebietskörperschaften, vor dem Hintergrund dieser Anpassungen in Einklang setzen. Insgesamt bietet sich Independent Capital als idealer Partner bei Finanztransaktionen an und steht unter office@independentcapital.at für Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung.

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